Samstag, 16. Mai 2020

Die Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV, 2005),



 die am 15. Juni 2007 in Kraft getreten sind, sind völkerrechtlich verbindliche Rechtsregeln, die sich direkt auf Art. 21 der Verfassung der Weltgesundheitsorganisation stützen.
Die IGV (2005) sind auf alle Ereignisse anwendbar, die eine akute Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen können, ob durch biologische oder chemische Einwirkungen oder ionisierende Strahlung verursacht.
Das Vorgehen der Institutionen beruht auf Expertenwissen und der Autorität der WHO. In der Literatur wurde darauf hingewiesen, dass die IGV insofern ein bemerkenswertes Dokument darstellen, als sie nationale Souveränität einschränken, die Beteiligung von Nichtregierungsorganisationen explizit anerkennen und die Rolle der WHO stärken (Fidler 2005). Über Konflikte innerhalb des Notfallausschusses hinsichtlich der zu empfehlenden Maßnahmen ist bisher kaum etwas nach außen gedrungen.
Globalisierung verstärkt die globale Verbreitung von Infektionskrankheiten, aber gleichzeitig auch die grundsätzliche Akzeptanz koordinierter Maßnahmen, um ihrer Ausbreitung Herr zu werden. Dennoch gibt es eine Reihe von Problemen im Zusammenhang mit einer effektiven Kontrolle Grundsätzlich sind globale Kontrollmaßnahmen und vor allem die Einschränkung wirtschaftlicher Aktivitäten teuer, so dass die Legitimität und die Akzeptanz der IGV und der beteiligten Institutionen äußerst wichtig bleibt. Gleichzeitig ist der Missbrauch von Handelsbeschränkungen für protektionistische Ziele trotz des bestehenden Regimes nicht vollständig auszuschließen. In den Entwicklungsländern ist der Mangel an Kapazitäten für die notwendigen Laboruntersuchungen, die Aufstellung von Expertenteams und insgesamt das Meldewesen von Bedeutung.
 

Die entsprechenden Ziele der IGV werden bis 2012 kaum erreicht werden können und auch danach nur, wenn die internationale Gemeinschaft bereit ist, hierfür erhebliche Mittel zur Verfügung zu stellen. Die meisten Entwicklungsländer verfügen weder über ausreichende Vorräte an Medikamenten noch über Kapazitäten, Medikamente und Impfstoffe selbst herzustellen. Teilweise sind diese Möglichkeiten auch angesichts bestehender Patente zumindest kurzfristig blockiert
Der Lungenfacharzt, frühere Leiter eines Gesundheitsamts und ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wodarg streitet die Gefährlichkeit von Corona ab. Im Flensburger Tageblatt schreibt er am 29. Februar: „Dem Corona-Hype liegt keine außergewöhnliche medizinische Gefahr zugrunde. Er verursacht aber eine erhebliche Schädigung unserer Freiheits- und Persönlichkeitsrechte durch leichtfertige und unberechtigte Quarantänemaßnahmen und Verbotsregelungen.“ Die Aufmerksamkeit für Corona komme daher, dass darauf getestet wird, aber: „Wir haben jeden Winter eine Virus-Epidemie mit Tausenden von Todesfällen und mit Millionen Infizierten auch in Deutschland.“ Wodarg: „Lösung des Corona-Problems: Panikmacher isolieren.“ 

Das Gesundheitssystem in Italien – und auch in anderen europäischen Ländern – wurde systematisch kaputtgespart, wie viele andere öffentliche Infrastrukturen ebenfalls. Nach der Finanzmarktkrise 2008 wurden öffentliche Gelder zur Bankenrettung verwendet, während die „Troika“ aus Europäischer Zentralbank, EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds insbesondere von den Mittelmeerländern erhebliche Sparmaßnahmen im sozialen Bereich verlangte. Der größte Kahlschlag hatte allerdings bereits stattgefunden: Von 1978 bis 2008 waren mehr als zwei Drittel aller Krankenhausbetten abgebaut worden. Von den verbliebenen 313 Betten auf 100.000 Personen gab es 2013 noch 275
Für das Grippemittel Tamiflu wurden damals Milliarden öffentliche Mittel an die Herstellerfirma Roche bezahlt. Später stellte sich Tamiflu als wirkungslos heraus, die Daten, mit denen eine Wirkung nachgewiesen werden sollte, waren geschönt. Bei der Impfung gegen die Schweinegrippe mit dem Wirkstoff Pandemrix kam es zu erheblichen Nebenwirkungen wie allergischem Schock und Narkolepsie (Schlafkrankheit), betroffen waren vor allem Kinder und Jugendliche. Um das Mittel schnell einsetzen zu können, war es nicht ausreichend getestet worden. Dem Hersteller Glaxo-Smith-Kline wurde vorgeworfen, er habe Meldungen über Nebenwirkungen vertuscht.

Vorsorge für Pandemien oder für Profite?
Am 18. März schlägt Christian Drosten eine vereinfachte Zulassung eines Impfstoffs vor: „Wenn wir das Ganze schaffen wollen als Gesellschaft, in einer Art, dass wir wirklich nicht eine erhöhte Todesrate akzeptieren wollen in der älteren Bevölkerung, dann müssen wir wahrscheinlich regulative Dinge außer Kraft setzen, was Impfstoffe angeht. Und schauen, wo können wir einen Impfstoff herbeizaubern, der schon relativ weit entwickelt ist.“ Nebenwirkungen müssten in Kauf genommen werden und der Staat solle dafür haften. Drosten begründet das mit den Zahlen zu Erkrankungen und Todesfällen in einer Studie aus Großbritannien, die er im gleichen Podcast kritisch diskutiert, wobei er dann jedoch zum Schluss kommt, dass er an die darin ermittelten Zahlen glaube.
Wenige Monate, bevor die WHO die Corona-Pandemie ausrief, hatte das „Center for Health Security“ (CHS) der US-amerikanischen Johns-Hopkins-Universität im Oktober 2019 ein Szenario für eine weltweite Grippe-Pandemie erstellt. Gründer und Finanziers des CHS sind neben der WHO eine Reihe privater Stiftungen. Das Szenario unter dem Namen „Event 201“ wurde in Kooperation mit zwei mächtigen Partnern durchgeführt: dem World Economic Forum (WEF) – der Schweizer Stiftung, die das jährliche Weltwirtschaftsforum in Davos ausrichtet – und der Bill & Melinda Gates Stiftung – die steuersparend aus den Gewinnen des Software-Giganten Microsoft gefüttert wird.
Die Empfehlungen aus dem Projekt Event 201 zielen auf eine schon vorsorglich verstärkte Zusammenarbeit von Regierungen und privaten Unternehmen in Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP oder PPP = Public Private Partnership) ab. Globale Partnerschaften, wie sie auch als UN-Nachhaltigkeitsziel Nummer 17 (SDG 17) formuliert sind, werden allgemein kritisch gesehen
 Bei all der Verpartnerung wird wenig Augenmerk auf die unterschiedlichen Interessen, Rollen und Mandate der Beteiligten gelegt.“ In diesen „Multi-Akteurs-Initiativen“ könnten Unternehmen wie Nestlé oder Coca-Cola sich öffentlichkeitswirksam gegen Krankheiten engagieren und gleichzeitig ihre eigenen Interessen vertreten.

Die Macht globaler Konzerne
Anna Holzscheiter, Professorin an der TU Dresden und Leiterin einer Forschungsgruppe für globale Gesundheit am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB), brachte es in ihrem Einführungsvortrag auf den Punkt: „Ich denke, wir sind uns alle einig darüber, dass gerade in der globalen Gesundheitspolitik, die Verflechtungen zwischen den großen privaten Stiftungen Gates, Wellcome Trust, Open Society Foundation und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren, den Medien und der Wissenschaft so dicht geworden sind, dass man von einem unsichtbaren Netz von Abhängigkeiten und Dominanz sprechen kann.“
Die privaten Akteure finanzieren nicht nur, sie setzen auch Themen und Begriffe. Ganz selbstverständlich geht es dann um Ökonomisierung und „Effizienz“, Gesundheitsfragen werden entpolitisiert. Als „not-for-profit“ Akteure, die angeblich nicht auf Gewinnerwirtschaftung ausgerichtet sind, setzen diese Privaten ihre vermeintlich alternativlosen marktbasierten Lösungen durch – ohne demokratische Legitimation.
Christian Drosten, bestätigt in seinem Podcast am 18. März , dass sein Institut Forschungsmittel von der Bill & Melinda Gates Foundation bekommt. 

Sind Ausgangssperren angemessen?
Der Virologe Hendrik Streeck, als Direktor des Instituts für Virologie an der Universität Bonn der Nachfolger von Christian Drosten, hat die Infizierten und Erkrankten im besonders betroffenen nordrhein-westfälischen Landkreis Heinsberg erforscht. Im Interview mit der FAZ am 16. März räumt er ein: „Der neue Erreger ist gar nicht so gefährlich.“ Die Todeszahlen in Deutschland würden zwar steigen „aber nicht um solch apokalyptisch hohe Zahlen, wie sie zum Teil in Umlauf sind.“ Er meint sogar: „Es könnte durchaus sein, dass wir im Jahr 2020 zusammengerechnet nicht mehr Todesfälle haben werden als in jedem anderen Jahr.“ Sagt er damit nicht das gleiche wie Wolfgang Wodarg? Am 21. März twittert Streeck: „Meine Einschätzung war und ist immer noch gleich. Es ist eine Gratwanderung: Man darf die Covid-19-Pandemie weder dramatisieren noch bagatellisieren.“
Im Interview mit dem Magazin „Stern“ warnt Streeck am 19. März: „Natürlich müssen wir aufpassen, dass wir Distanz wahren und so die Ausbreitung des Virus verlangsamen. Aber wir tun gerade alles, um unserem Immunsystem zu schaden: Wir gehen weniger an die Sonne, bewegen uns kaum noch, ernähren uns womöglich auch noch schlecht. Wir müssen den Leuten doch die Möglichkeit geben, sich fit zu halten, gesund zu bleiben und ihr Immunsystem zu stärken. Darum bin ich ganz entschieden gegen eine Ausgangssperre.“
Skeptisch gegenüber Ausgangsperren hat sich auch der Präsident des Weltärztebundes und langjährige Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, am 18. März im Interview mit dem Bonner General-Anzeiger geäußert: „Wer so etwas verhängt, muss auch sagen, wann und wie er es wieder aufhebt. Da wir ja davon ausgehen müssen, dass uns das Virus noch lange begleiten wird, frage ich mich, wann wir zur Normalität zurückkehren? Man kann doch nicht Schulen und Kitas bis Jahresende geschlossen halten.“ Meinungen, Maßnahmen und Perspektiven
Einigkeit zeichnet sich ab in der Einschätzung, dass dieser Ausnahmezustand noch sehr lange dauern wird. Es bleibt keine andere Wahl als die politisch verfügten Maßnahmen zu befolgen. Die Erkrankung mit Covid-19 verläuft meist leicht oder bricht gar nicht aus, aber zum Schutz von älteren und kranken Mitmenschen ist es sicherlich sinnvoll, Ansteckungen zu vermeiden. Jedoch ist es wichtig, die vielen Informationen kritisch zu hinterfragen, weder alles zu glauben, noch Abweichendes vorschnell zu Fake News zu erklären. 
Das Bundesgesundheitsministerium twitterte am 14. März: „Achtung, Fake News: Es wird behauptet und rasch verbreitet, das Bundesministerium für Gesundheit/die Bundesregierung würde bald massive weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens ankündigen. Das stimmt nicht! Bitte helfen Sie mit, die Verbreitung zu stoppen.“ Wenige Tage später kamen die Einschränkungen.
Diese Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung gehen mit einer nie dagewesenen Abschaffung demokratischer Freiheiten einher – und werden von der Bevölkerung überwiegend gutgeheißen. „Wenn man es nicht besser wüsste, ließe sich das Procedere der letzten Tage wie das Drehbuch einer rechtspopulistischen Machtübernahme lesen“, schrieb der Historiker René Schlott am 16. März in der Süddeutschen Zeitung.
                                                                                                           

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